Etappe 4 - Nordschweden und Finnland

Veröffentlicht am 31. August 2025 um 10:00
  1. Nähe Aha – die ersten Rentiere (02.08.-07.08.2025, ca 70km)

Man merkt schon, dass es immer dünner besiedelt ist, umso weiter man in den Norden kommt. Der nächste Standplatz sollte richtig einsam abgelegen sein, wo weit und breit nichts ist außer Wald, Moore und Seen. Die Schotterstraßen führen hier oft einfach ins nirgendwo. Holzwege, die durch die endlosen Wälder führen und am Ende eine Wendeschlaufe haben. Diese Wege fuhren wir entlang, bis wir irgendwann an solch einem Platz landeten. Am Tag der Standplatzsuche lösten die ersten Reniter Begegnungen eine riesige Euphorie in uns aus. Als wir am ersten Abend an der Feuerstelle saßen, spazierten sogar zwei, die ganz prächtige Geweihe hatten, direkt an Brummi vorbei. Tiefenentspannt. Der Platz war deutlich schöner als ich es bei Google Maps erwartet hatte. Lauter kleine Inseln waren in diesem großen See und überall ragten Findlinge über die Wasseroberfläche. Der Platz blieb in den folgenden Tagen sehr ruhig. Im Laufe von 5 Tagen kam nur ein einziges Auto vorbei. Martin hat eine Sirene ans Dach angebaut und die ist ziemlich laut. Einmal bin ich auf dem nassen Moos ausgerutscht und in einem Hundekacke Haufen gelandet, der mir dann am Bein klebte. Es passierte also nicht viel Erzählenswertes. Wir warten immer noch auf den Elch. Und seit ich gesehen habe, dass es in Schweden ca. 3000 Bären gibt, auch auf den Bär.

  1. Nahe Storsund – ein Sandstrand für uns alleine (08.08.-13.08.2025, ca. 170 km)

Die Landschaft verändert sich. Es ist immer Taiga-artiger. Die Bäume mickriger, voll von Flechten verteilt auf großen Moorflächen mit Wollgras. Ein Elch hat sich aber immer noch nicht blicken lassen. Dafür umso mehr Rentiere. Die stehen hier einfach so auf der Straße und machen auch keine Anstalten runterzugehen. Man kann direkt an ihnen vorbeifahren und die sind sowas von tiefenentspannt. Unterwegs in einer Stadt beim Einkaufen haben wir dann bei einem Asia Imbisswagen zu Mittag gegessen. Das war nicht sehr zu empfehlen. Ich hatte einen total versalzenen Dönerteller bei dem der relativ mickrige Gemüseanteil zu 100% aus ein paar streifen Eisbergsalat bestand und Martin hatte Reis mit frittiertem allerlei. Der Standplatz sollte wieder schön abgelegen sein, und die Straße, der wir folgten zeigte uns, dass das auch so sein sollte. Die wurde nämlich immer schmaler, und Schotter war da irgendwann auch keiner mehr, dafür ab und zu ein großer Stein, über den wir unsere Reifen quälen mussten. Brummi schob sich brav km für km den schmalen Weg entlang, während wir die Luft anhielten, dass der Weg nicht noch schmaler werden würde, denn das passte wirklich gerade noch so. Am Ende sollte sich der Weg aber auszahlen. Der Platz am Ende war gut und unten am See hatten wir einen richtigen kleinen Sandstrand, ganz für uns alleine! So eine gute Badestelle hatten wir bis jetzt noch nicht und ich integrierte gleich das Aquajogging in unser Sportprogramm. Beim Kochen habe ich das Öl einer Tunfischdose abgekippt. Luna muss unten unterm Ausgang des Abflusses gelegen haben, jedenfalls hat sie jetzt einen ganz öligen Kopf und sieht aus wie ein speckiges Opossum und riecht kräftig nach Fisch. Luna selbst findet das aber wahrscheinlich toll.

  1. Bredviken - Die Nordspitze der Ostsee (14.08.-19.08.2025, ca 200km)

Mit einer Zwischenübernachtung fanden wir einen schönen Platz an der Ostseeküste. Es war hier sehr boddenartig, aber wir hatten wieder unseren eigenen kleinen Sandstrand. Das Wasser hier, an der Nordspitze der Ostsee, schmeckt überhaupt nicht salzig. Die Hunde trinken das Wasser sogar. Es war alles so flach, man konnte ewig weit reingehen und das Wasser wurde einfach nicht tiefer als knietief. Immer wieder machte ich Witze über die Ostsee, es sei ein Ententeich ohne Gezeiten und ohne Salz. Eines Morgens kam ich aus der Tür und das Wasser war weg. Wir können es uns bis jetzt nicht erklären, was da los war. Die Tiede der Gezeiten kann es eigentlich nicht sein, denn die beobachteten wir ja such seit einigen Tagen, und die war wirklich minimal. Außerdem kehrte das Wasser auch den ganzen Tag nicht zurück. Erst am nächsten Tag war das Wasser wieder da. Sehr seltsam. Vielleicht ein Sturm weiter draußen auf dem Meer. Ansonsten passierte wieder nicht viel. Es waren regnerische, erholsame Tage. Immer wieder werden wir gefragt, ob uns nicht langweilig wird, wenn wir uns tagelang, wochenlang in den einsamen Wäldern verstecken. Ganz klar: Nein. Überhaupt nicht. Die Ruhe tut gut und wir sind uns mit der Natur um uns rum genug. Martin installierte unser Abflussrohr wieder auf dem Dach und unser Schlauch zum Waschbecken im Bad leckt. Als Martin ihn reparieren wollte, setzte er ihn ganz außer Gefecht. Jetzt hält erstmal wieder der Eimer Wasser her!  

  1. Rovaniemi – Finnland ist teuer (19.08.-20.08.2025, ca 200km)

Bei Google hatte ich entdeckt, dass es weiter im Norden in Lappland noch eine Amethyst Miene gibt, wo man selbst Amethyste suchen kann. Da wollte ich natürlich unbedingt hin. Etwas weiter in den Norden wollte ich sowieso noch. Also fuhren wir als nächstes Rovaniemi an, das lag so auf der Hälfte bis zur Amethyst Miene. Hier machten wir seit Wochen mal wieder einen richtigen Stadtbesuch! Das erste Mal seit ca. 7 Wochen kam ich an einen Waschsalon. Das Waschen hier ist teuer, eine kleine Waschmaschine hat ca. 8€ gekostet und der Trockner auch 6€. Die etwas größere Waschmaschine sogar 14€. Ich habe mich trotzdem sehr über die Waschmaschine gefreut. Dann waren wir noch in einem großen Einkaufstempel. Der Wocheneinkauf, den wir dort gemacht haben, hat uns preislich allerdings von den Socken gehauen. Ein guter Wocheneinkauf, für den wir in Deutschland vielleicht 120€ bezahlen, hat hier einfach mal 270€ gekostet! Heftig! (ja ok, wir haben uns auch noch zwei üppige Sushiboxen an einer Selbstbedienungs-Sushitheke mitgenommen). Bevor wir weiter fuhren haben wir noch das Arctikum besucht.

  1. Die Amethystmiene – und der kalte Polarkreis (21.08.-22.08.2025, ca. 150km)

Der Weg zur Amethyst Miene schnurrte sich gut weg. Hier laufen überall Rentiere mit riesigen Geweihen auf der Straße, die sich vom Autoverkehr überhaupt nicht beeindrucken lassen! Eine Elchsichtung bleibt aber weiterhin aus. Ein kleines bisschen Nördlich von Rovianemi überquert man den Polarkreis. Cool, so weit im Norden waren wir beide noch nie. Man merkt den Polarkreis. Baden gehen im See oder Fluss ist gar nicht mehr so witzig. Da unser Wasseranschluss im Bad aber kaputtrepariert ist, blieb uns für die tägliche Körperhygiene nicht viel übrig, als sich mit einem Waschläppchen in das beißend kalte Wasser zu kämpfen. Nachts wurde es 3°C kalt und auch tagsüber war das Wetter Schaurig bei 10°C. Da wir in einem sparsam isolierten Wohnwagen wohnen, bekommen wir die Temperaturen auch hautnah mit. Aber das war uns von Anfang an bewusst. Die Amethyst Miene war aber super. Man lauschte erst einem Vortrag über Entstehung und Qualitäten von Amethysten und bekam ein paar unterschiedliche Kristalle gezeigt und dann ging es auf ein Geröllfeld, auf dem man eine Stunde nach Amethysten scharren konnte. Wir fanden auch tatsächlich welche. Martin fand auch einen ganz Dicken. „schnell, steck ihn dir in die Tasche, sonst nimmt er dir den weg“, sagte ich zu Martin, denn man durfte am Ende nur ein paar der Fundstücke behalten. Mit unserer Ausbeute waren wir trotzdem zufrieden. Am selben Tag meldete sich Micha noch bei uns, mit der wir ja noch ein Treffen nachholen wollten. Nachdem Micha und Sven bis ans Nordkap gefahren sind und seit gut 2 Wochen unter dem schlechten Wetter am nördlichen Polarkreis litten, haben sie einen Kältekoller bekommen und sich spontan dazu entschlossen, nach Kroatien zu fahren. Wir schafften es trotzdem, noch gemeinsam einen Kaffee zu trinken, bevor sie noch am selben Tag weiter Richtung Süden ballerten. Ich kanns verstehen. Auch uns trieb die Kälte in den darauffolgenden Tagen ca. 700km südwärts.

  1. Saimaasee - die Reise Südwärts (23.08.-31.08.2025, ca. 700km)

Finnland – wenn man sich dieses Land auf Gmaps anschaut, sieht man endlose Wälder und unzählige Seen. Ich habe mir sehr viel versprochen und erwartete, dass man in Finnland noch besser einsame, versteckte, abgelegene Standplätze findet wie in Schweden. Leider ist die Standplatzsuche doch sehr schwierig gewesen, jedenfalls wenn man nach unseren Vorstellungen geht. Jeder Weg, der dort im Wald zu den Seen führte, endete an einem Haus. Keine Wilden, unbebauten Plätze. Die Plätze, die man findet, waren offizielle Grill- und Badeplätze. Gegen diese Plätze ist an sich nichts zu sagen, die sind schön gelegen und toll eingerichtet mit Feuerplatz, Hütte und oft auch öffentlichen Toiletten. Aber sie sind meistens irgendwie Kameraüberwacht und ganz allein bleibt man dort auch nicht. Ich weiß, wir stellen uns da auch ein bisschen an, aber irgendwie fühlten wir uns überall etwas präsentiert. Wir fuhren drei Tage lang einen Platz nach dem anderen an. Dabei wurden wir manchmal von einem Massenaufkommen an Hirschläusen angefallen. Martin hatte einmal 11 Stück auf einmal am Rücken kleben. Zwischendurch schickte ich noch zwei kleine Geburtstagspäckchen nach Deutschland. Das Kostete einfach mal 45€ Versand! Unseren Wochen Einkauf stockten wir ein wenig auf. Auch gleich wieder 120€. Obst und Gemüse ist hier schweineteuer. Wir haben einen Blumenkohlköpfchen für 3,70€ gekauft. Fertigprodukte haben die hier im Supermarkt dafür sehr viel. Nach langer Suche fanden wir nun endlich einen Stellplatz, an dem wir ein paar Tage stehen wollen. Ist zwar auch an einer offiziellen Stelle, aber egal. Hier ist so eine kleine Minibucht, an der wir uns etwas abschotten können. Dafür fädelte ich den LKW Rückwärts eine kleine Böschung zwischen zwei Hüttchen hinunter, während Martin aufpasste, dass wir nicht an einer der Hütten hängen bleiben. War kurz etwas aufreibend, aber lief wie geschmiert. Das Wasser und die Nächte hier sind auch schon wieder deutlich wärmer. Und es gibt hier, in diesem riesigen See, sogar eine vom Aussterben bedrohte Kegelrobbenart, die Saimaa-Ringelrobbe, die nur hier vorkommt, und nur unter Beschränkungen geangelt werden darf. So jedenfalls nach der (vermutlich falschen) Übersetzung des Infoschildes hier. Ich wusste nicht mal, dass es im Süßwasser Robben gibt. Jetzt halten wir Ausschau nach Robben, wenn wir schon keinen Elch sehen.

Wir verbrachten zwei Ruhige Tage an diesem Standplatz. An jedem Abend gesellte sich aber auch ein deutsches Wohnmobil oder van noch mit dazu. Um einen Chargapilz zu ernten, liefen wir eines Abends ganz selbst verständlich in Jogginghose, Badelatschen und einer Machete auf dem Rücken an unseren Nachbarn vorbei. Was die Leute wohl manchmal von uns denken? Jedenfalls habe ich immer konsequent meine Badelatschen an. Das sind meine meistgetragenen Schuhe. Jeh nach Witterung schlüpfe ich mit den passenden Socken hinein. Am zweiten Tag haben wir fleißig Blaubeeren gesammelt. Die sind jetzt richtig süß und fangen schon ein bisschen an zu schrumpeln, also höchste Zeit, die endlich mal zu ernten, nachdem wir schon seit Wochen darüber reden. Delilah fand irgendwann heraus, dass wir auf die Blaubeeren aus sind und fing nun selbst an, mit ihrem Schnäutzchen die Blaubeeren von den Ästen zu zupfen und zu essen. Abends machten wir dann Flammlachs am Lagerfeuer. Ein schöner Abschluss in Finnland, wo es uns leider nicht ganz so gut gefallen hat, wie gedacht. Am übernächsten Tag nahmen wir die Fähre von Helsinki nach Tallinn.  

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